Die Gleichzeitigkeit

Wie umgehen mit der Gleichzeitigkeit, fragt ihr mich. Mit Weltschmerz und Alltag, die erbarmungslos ineinandergreifen und unaufhörlich Aufmerksamkeit fordern?

Ich denke, genau das ist auch Teil des Menschseins. Wir existieren gleichzeitig in mehreren Welten – der materiellen und der emotionalen, der gefühlten und der gedachten.

Ungerechtigkeit liegt in der erbarmungslosen Neutralität der Welt und war auch immer Teil unserer Gesellschaft. Wer mit einem moralischen Bewusstsein, mit Offenheit und wenig Filtern durchs Leben geht, spürt diesen Schmerz besonders. Niemand verlangt, ihn zu verdrängen oder kleinzureden. Doch ihn zwanghaft mit Sinn aufzuladen oder nach einer endgültigen Lösung zu suchen – ich weiß nicht, ob das erreichbar ist.

Aber ihr dürft das Schöne im Leben suchen. Ihr dürft euch daran festhalten und Trost darin finden. Nicht trotzdem, sondern gerade deshalb. Weil genau darin Widerstand liegt. Weil wir in Schönheit und Trost Zuversicht finden – und vielleicht einen gemeinsamen Nenner. In einer grausamen Welt kann ein schönes Leben möglich sein. Es zu wollen, ist keine Ignoranz, sondern Haltung.

Zerrieben zu werden in dieser Gleichzeitigkeit ist normal. Und man kann mit Weltschmerz und Trauer leben, man kann damit umgehen. Man kann trotzdem.

Ich finde Trost im Schönen. Ich sammle es wie Schätze und schöpfe daraus Hoffnung. Kinderduft, klebrige Hände, ein Mund voll Zucker. Blumen, Krähen, die Nüsse stehlen, blauer Himmel, Aprikosenwolken. Musik, die mich fühlen lässt. Bücher, die mir Worte schenken, wenn ich sprachlos bin. Viel Knoblauch im Essen, Sahne auf dem Kuchen.

Ich tue das nicht, um zu fliehen. Sondern für den Trost. Für die Gewissheit, dass das Leben schön ist – und dass sich Widerstand lohnt. Damit ich weich bleiben kann für die Empathie für uns und das Leben. Verhärten und abstumpfen, das ist ein Weg, aber kein Ausweg.